Workshop K·2

Food und Kultur.

Essen in der Kunst und Literatur.

Dr. phil. Angela Martini,
Fakultät für das Studium fundamentale,
Private Universität Witten/Herdecke gGmbH

 

Wolfgang Koeppen tischt in Der Tod in Rom auf
Angela Martini, Private Universität Witten/ Herdecke

Die Menschen unterscheidet vieles: soziale Zugehörigkeit, Ausbildung, berufliche Chancen, Familie oder keine Familie, Gesundheit und Krankheit, kulturelle Zusammengehörigkeit oder Außenseiterschaft, etc. Eines ist den Menschen jedoch auf jeden Fall gemeinsam: Sie müssen essen und trinken.
In seinem Roman Der Tod in Rom setzt sich Koeppen auf nachdrücklichste Weise mit der deutschen Nachkriegsgeschichte, mit dem Wirtschaftswunder, mit der Wiederaufrüstung, mit der verdrängten, doch untergründig weiterexistierenden nationalsozialistischen Ideologie, mit Ausländerfeindlichkeit auseinander. Alle diese Themen und die Figuren markiert der Autor mit spezifischen Speisen und mit erlesenen bis abschreckenden Essgebräuchen, Essgewohnheiten. Die Skala reicht von billigen römischen Garküchen bis zur vollendeten Kunst, in einem Hotelzimmer mit Hilfe einer mobilen Küche eine Mahlzeit zu bereiten, die die Selbstsucht des Essens in diesem Falle aufhebt. »[...] Leitungsschnüre liefen wie ineinander verschlungene Schlangen zu blinkenden elektrischen Geräten, Grillrosten, Backhauben, Infrarotstrahlern, Dampftöpfen, Schnellkochern, es war die vollkommenste transportable Küche, [...], und hier bereitete er das Mahl, zu dem er mich geladen, er rührte, schmeckte, klopfte, würzte«.
Anhand ausgewählter Essenszenen sollen die Figuren, deren Bewusstseinslage und deren kulturelle Identität enträtselt werden, denn Koeppen verbindet mit jeder Figur eine spezifische Weise, wie diese mit Essen umgeht. Was essen die Figuren, wie essen sie, welche Speisen werden erwähnt und welche werden verschwiegen.

Literatur:
Koeppen, Wolfgang, Der Tod in Rom, Frankfurt a. Main 2001
(Suhrkamp Taschenbuch Nr. 3261 ¤ 9.00)

Simmel, Georg (1858-1918), Soziologie der Mahlzeit (um 1905), in:
Ders., Brücke und Tür. Essays zur Geschichte, Religion, Kunst und Gesellschaft, Frankfurt a. Main 1988.

Elias, Norbert (2897-1992), Über den Gebrauch des Messers beim Essen, in:
Ders., Über den Prozeß der Zivilisation, Frankfurt a. Main 1998.

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