Workshop I·4

Frische Logistik: Eigendynamik von Frische Produkten und Lebensmitteln.

Wie sind Prozess- und Handlungsabläufe zu verbessern, um die Frische von Lebensmitteln vom Hersteller über den Handel bis zum Verbraucher zu gewährleisten?

Peter M. Pastors,
Leiter Institut für Frische- und Lebensmittel-Logistik FriLLog, Krefeld

 

Frische-Produkte und (leichtverderbliche) Lebensmittel unterliegen der ihnen eigenen Verderb- bzw. Qualitätsverlust-Dynamik. Dies hat seine Ursachen in biologischer Kontamination (Mikroben, Pilze, Hefen), den sog. Fremdstoffwechslern und der eigenen stoffwechselnden Entwicklung im Hinblick auf Reife und Verwelken, z.B. bei Obst und Gemüse.

Biologische Kontamination, z.B. bei Fleisch und Fleischprodukten, Fisch und Fischprodukten, Backwaren, Milch und Milchprodukten, entsteht durch mangelhafte Produkt- und Prozess-Hygiene (Störung der Mikrologistik). Oft finden sich die Ursachen in Vorprozessen und zeigen erst in späte-ren Folgeprozessen ihre (oft fatale) Wirkung. Die Höhe der Anfangs- und der Folge-Kontamination bewirken die (spätere) Verderb-Entwicklung des jeweiligen Lebensmittels.

Bei Lebendprodukten wie z.B. Obst und Gemüse kommt neben der biologischen Kontamination (einschl. Schädlinge) noch der Reifeprozess, der sich durch den Eigenstoffwechsel ergibt (Ethylenproduktion, Transpiration, Stärkeumwandlung in Zucker u.a.m.).

Für beide Produktgruppen (Lebend- und Nichtlebend-Produkte) ist die Menge an freiem Wasser und besonders die Temperatur als entscheidender Verstärkungsfaktor für Verderb bzw. Qualitätsverlust wirksam. Freies Wasser benötigt einerseits die biologische Kontamination für ihr Wachstum, andererseits benötigen Lebendprodukte ihre individuelle Menge freien Wassers, um nicht auszutrocknen. Es ist also wichtig für die notwendige Feuchtigkeit zu sorgen.

Andererseits helfen niedrige Temperaturen (oberhalb der Frostgrenze) sowohl den Stoffwechsel der biologischen Kontamination als auch den Eigenstoffwechsel der Produkte zu verlangsamen. Tiefkühl-Temperaturen dienen zum weitgehenden Stoppen von Verderb bzw. Qualitätsverlust. Allerdings sind die Zustände im Lebensmittel selber durch Gefrieren nicht zwingend reversibel.

Unterbrechungen der Kühltemperaturen (und auch der Gefriertemperaturen) führen zur Fortsetzung der nicht umkehrbaren Verderb- bzw. Qualitätsverlust-Entwicklung.
Nicht vergessen werden sollte, dass im öffentlichen Bewusstsein die chemische Kontamination der Lebensmittel deutlicher verankert ist als die biologische Kontamination von Lebensmitteln und Prozessen. Biologische Kontamination ist aber wesentlich häufiger anzutreffen und führt eher zu Verderbsgefahren als chemische Kontamination.

Biologische Kontamination und Eigenstoffwechsel als Voraussetzungen, freies Wasser als Rahmenbedingung und die Temperatur als gravierender Verstärkungsfaktor bestimmen die Verderb- bzw. Qualitätsverlust-Entwicklung der Frische-Produkte und (leichtverderblichen) Lebensmittel.
Alle Haltbarkeits-Techniken einschl. Kühlen bzw. Gefrieren und alle lebensmittel-hygienischen Aktivitäten weisen deutlich auf den schon teilweise erkannten und dringend notwendigen Paradig-menwechsel hin:

Die Produkte treiben die Prozesse
und die Prozesse sollten nicht(!) die Produkte treiben.

Dazu gehört eine Kultur des bewussten Umgehens mit den Frische-Produkten und Lebensmitteln, die durchgängige Kooperation in der gesamten Frische- und Lebensmittel-Prozesskette zur Ver-meidung von Hypotheken in Folgeprozessen (Makrologistik), auf der innovativen Grundlage des Paradigmenwechsels, dass die Produkte die Prozesse treiben (müssen). Diese ganzheitliche Sorgsamkeit bekennt sich zum Lebensmittel als Mittel zum Leben.

Der Workshop soll die Verderb- bzw. Qualitätsverlust-Dynamik herausarbeiten und bewusst ma-chen. Weiterhin sollen die Möglichkeiten der Erkennung von Fehlverhalten in der gesamten Le-bensmittel-Prozesskette bis hin zum Verbraucher diskutiert werden. Auf diese Weise wird der not-wendige Paradigmenwechsel transparent, was auch dem Anliegen der EU-Lebensmittel-Hygiene-Verordnung entspricht.

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